Steve Bee
ref. iur.
Ich hab' da 'nen Fall, den unser Prof mit uns im Strafrecht angesprochen hat. Dabei geht's um den Mord an der 14-jährigen Anna Bachmeier im Mai 1980 (manchen vielleicht ein Begriff). Jedenfalls erregte dieser Fall deutschlandweit Aufsehen, da die Mutter des Opfers, Marianne Bachmeier, den Mörder ihrer Tochter während des Prozesses im Gerichtssaal mit acht Schüssen niederstreckte.maxxer schrieb:der hauptgedanke ist wohl rache. eine unnütze und destruktive emmotion, welche durch das hinrichten des peinigers befriedigt werden soll. wenn nicht die opfer/überlebenden/angehörigen, dann zumindest die geifernde allgemeinheit und die oft ach so unschuldige boulevardpresse.
Hier steckt die von maxxer genannte "unnütze und destruktive Emotion, welche durch das Hinrichten des Peinigers befriedigt werden soll".
Es kam, wie es auch nicht anders zu erwarten war, zu einem Prozess gegen Frau Bachmeier, des Mordes angeklagt, völlig zurecht, denn sie selbst hatte 1995, lange nach ihrer Entlassung aus der Haft, in der Talkshow "Fliege" zugegeben, die Tötung des Mörders ihrer Tochter lange und intensiv überdacht und geplant zu haben. Hiermit sind die Aspekte der Heimtücke und der niederen Beweggründe gegeben, welche in § 211 StGB den Mord definieren. Nun ja, die Sache ist nur die, dass Frau Bachmeier nie des Mordes für schuldig gesprochen wurde. Sie hatte als Beweggründe für die Tötung ihr Rachemotiv und den Rufmord an ihrer Tochter, welchen der Mörder selbst während des Prozesses vor Gericht betrieben haben soll, genannt. Dies berücksichtigte das Gericht und verklagte Frau Bachmeier NUR wegen Totschlags (§ 212 StGB), der mit fünf bis zehn Jahren Haft geahndet wird. Sie selbst wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt, durfte aber nach Halbzeitverbüßung, also nach drei Jahren Haft, wieder zurück in die Freiheit.
Versetzen wir uns mal in die Lage der Mutter des Mörders von Frau Bachmeiers Tochter. Diese hätte doch dann, wenn sie es Frau Bachmeier hätte gleich tun wollen, genau so eine Rechtfertigung für eventuelle Rachegelüste gegen Frau Bacheier vorbringen können.
Nehmen wir mal an, das Gericht hätte Frau Bachmeiers vorgegebene Beweggründe nicht berücksichtigt oder für nichtig erklärt, so wäre auch sie des Mordes schuldig gewesen und hätte, im Grunde genommen, die Todesstrafe verdient gehabt. Dies wirft aber die Frage auf, ob dies moralisch gesehen gerecht gewesen wäre. Immerhin hatte sie zuvor ihre Tochter verloren.
Der Punkt, auf den ich hinaus möchte, ist der, dass ein jeder Mensch von Natur aus und von Geburt an Grundrechte besitzt, zu denen auch die körperliche Unversertheit und das Recht auf Leben zählen. Frau Bachmeier aber hat, wie schon zuvor der Mörder ihrer Tochter, gegen diese Grundrechte verstoßen und sie einem anderen Menschen genommen. Und auch die Todesstrafe verstößt gegen diese Grundrechte, weshalb unsere Verfassung sie als abgeschafft deklariert, was gut ist.
Ganz nebenbei möchte ich auch noch darauf hinweisen, dass eine fälschlicherweise vollzogene Todesstrafe sich nicht revidieren und wiedergutmachen lässt, eine Haftstrafe hingegen schon!