Das spielt auch mit rein. Worauf ich aber hinaus wollte: Sofern auf einer Party Songs aus sehr unterschiedlichen Genres und Zeitepochen laufen, ändert sich der Klangcharakter derart, dass niemand mehr genau auf die Tonqualität achtet. Auf Feiern mit gemischtem Publikum kann durchaus sowohl Chuck Berry als auch Ed Sheeran laufen.
Ich versuche hier aus der Sicht des Thread-Erstellers (Einsteiger) zu schreiben. Es ist m. E. nichts verwerfliches dran, wenn jemand Titel, die sowieso absehbar schon nach kurzer Zeit wieder uninteressant werden, quasi nur leasen möchte. Als DJ braucht man aber die Möglichkeit einer Offline-Wiedergabe und einer Nachbearbeitung in einer Software à la Audacity. Und für diesen Zweck hat die Musikindustrie auch im Jahr 2024 immer noch kein passendes Angebot, obwohl es hier im Deejayforum schon 2006 (!!!), also vor 18 Jahren (!!!) schon ausdrücklich gewünscht wurde:
Dann leben wir in komplett unterschiedlichen Welten.
Ich würde sogar sagen, 100 Titel (in der extended Version) reichen auch schon für einen Abend.
Sicherlich gibt es zuhauf Leute mit dieser Einstellung, aber das sind wirklich nicht alle....
Richtig.
Erst mal ist die Qualität selbst eines 128 kb/s MP3-Files um einiges besser als zu Vinyl- und Kassetten-Zeiten. Über eine zu geringe Auflösung hat sich bei mir in über 20 Jahren DJ-ing noch nicht ein einziges Mal ein Gast beschwert. Das Problem sind heute meist die Titel mit einer zu kurzen Halbwertszeit. Ich für meinen Teil besorge mir die gar nicht mehr erst. Gerade bei Neuerscheinungen ist es seeehr übersichtlich geworden, was ich überhaupt in mein Repertoire aufnehme.
Meistens sind es aber gerade diese Lücken, die es nur unter rechtlich fragwürdigen Bedingungen gibt. Zumindest ist das so, wenn man (wie ich) im reinen Mainstream-Bereich unterwegs ist. Die 08/15-Sachen finden sich bei allen Download-Portalen, von Elvis Presley über Michael Jackson und Backstreet Boys bis hin zu Ed Sheeran und Helene Fischer. Die "Perlen" finden sich aber immer dann, wenn sie jeder kennt, aber nicht legal erworben werden können.
Ich hatte z. B. weiter oben schon die Rock-Version des Lilian Harvey Klassikers "Das gibt's nur einmal" aus der Expo 2000 Werbung damals erwähnt. Kennt jeder, aber spielt keiner (außer ich). Ebenfalls ein Werbesong aus den 1990ern, den man nicht in den einschlägigen legalen Portalen findet, ist "Always Coca Cola" von Joey Diggs. Wer den berühmten Streifen "Der gezähmte Widerspenstige" mit Adriano Celentano aus dem Jahr 1980 gesehen hat, ist an der Italo-Disco-Nummer "La Pigiatura" von Clown nicht vorbei gekommen. Auf Vinyl/CD/Download erschienen ist er nie.
Das sind nur so ein paar Titel, die mir ad-hoc einfallen. Der "Mut zur Lücke" entsteht gerade im Mainstream-Genre mit den rechtlich problematischen Titeln.
Also ich habe als Mobil-DJ die Erfahrung gemacht, dass Extended-Versionen im Mainstream-Bereich nicht funktionieren. Auch habe ich die Erfahrung gemacht, dass oft vorher überhaupt nicht weiß, was die Leute hören wollen. Tatsächlich ist der Mainstream-Mobil-DJ derjenige, der immer die größte Auswahl an Titeln parat haben muss.
In erster Linie muss ein DJ natürlich das Publikum unterhalten. Je nach Veranstaltungsformat sind solche Titel aber gefragt. Vor ein paar Monaten durfte ich z. B. auf einem Kinderfest für musikalische Unterhaltung sorgen. Da spielt man dann auch mal Rolf Zuckowski, Volker Rosin oder Bibi & Tina. Bei einem Seniorentanztee im Altersheim reicht die Palette von alten Schlagern à la Caterina Valente bis hin zu neueren wie dem "Holzmichel", aber auch Rock-Oldies der Rolling Stones oder Led Zeppelin.
Hier muss man m.E. strikt zwischen "Disco" und "Club" unterscheiden. Die "Discos" hatten nie Berührungsängste mit reinen Chart-Acts wie Madonna, Britney Spears oder Backstreet Boys. Als ab Mitte der 1990er Veranstaltungen wie die Mayday und Loveparade ihre Besucherzahlen mulitiplizierten, versuchte man, diese "Underground"-Musik mehr in den Mainstream zu "pushen", was teilweise auch gelang. Tatsächlich sind einige der über "Club Rotation" bekannt gewordene Titel heute Techno-Klassiker, wie z. B. "Insomnia", "Sonic Empire", "Kernkraft 400" oder "Exploration Of Space". Letztlich sind aber nur vergleichsweise wenige solcher Titel bei der breiten Masse so einprägsam gewesen, dass sie heute auf einer Mainstream-Party (bzw. in der "Disco") immer noch als "Klassiker" spielbar sind. Ansonsten ist Techno heute im Allgemeinen zumindest bei der breiten Masse eine Randerscheinung. Im Mainstream hat diese Promo-CD/Vinyl-Geschichte nie eine besonders große Rolle gespielt. Das war immer eher eine "Club"-Musik-Sache.
Man muss aber auch berücksichtigen, dass es damals viele heutige Möglichkeiten noch gar nicht gab. Damals gab es keine andere Möglichkeit als Radio/TV zu konsumieren oder in die Disco zu gehen, wenn man denn neue Musik hören wollte - LP's & CD's waren schweineteuer, daher hat man oft nur selten mal was gekauft. Dann war man halt zwangsläufig dem ausgeliefert, was der DJ einem vorsetzte. Mit dem Aufkommen des Internets hatte auf einmal jeder alle möglichen Titel sofort griffbereit - zuerst dank Tauschbörsen, dann über die Streamingdienste. Hinzu kamen die ganzen Social-Media-Plattformen: Facebook, Instagram, Tiktok, WhatsApp... und die wurden und werden auch massiv zur Musikvermarktung genutzt. Die DJ's haben also - zumindest im Mainstream-Bereich - gar nicht mehr die Aufgabe, neue Titel bekannt zu machen.
Das funktioniert heute noch auf reinen "Club"-orientierten "Szene"-Partys. Da ist das Publikum ja homogener. Geht da jemand gezielt z. B. zu einem Jazz-Abend oder zu einer Salsa-Party, so macht er das, weil er die Musik an sich mag. Er rennt also nicht gleich weg, sobald ein Titel kommt, den er nicht kennt. Auf die Mainstream-Events gehen vornehmlich Leute, für die die Musik zwar AUCH, aber eben nicht AUSSCHLIESSLICH wichtig ist. Das passiert z. B. in der Mainstream-Disco, aber auch auf der Kirmes oder bei einer Hochzeit. Da ist heute, noch weniger als früher, unbekannte neue Musik schlicht nicht erwünscht. So ist meine Erfahrung.
Ich denke das war pro Veranstaltung gedacht, niemand hat eine Library mit "nur" 100 Titeln. Trotzdem man man mit 1000 Titeln fast jede Party spielen ohne dass das irgendeinen negativen Impakt auf die Stimmung haette. Zudem wird es immer Musikwuensche geben, die man nicht hat und das hat vermutlich auch seinen Grund. Ich bin mittlerweile der Meinung, dass Titel, die nicht in meiner Sammlung sind, auch nicht da reingehoeren (neueste Tracks mal ausgenommen).
Das ist richtig, weiss man aber vorher und kann sich entsprechend vorbereiten. Aber wenn man dann 10 Titel aus dem Genre hat reicht das in den meisten Faellen.
Titel wie Insomnia, Infinity, Sandstorm, Levels spiele ich auf jeder Party (abgesehen von 60., 70. Geburtstagen). EDM ist heute fester Bestandteil der Musikkultur, was man ja auch an den aktuellen Ballermann Nummern sieht, die seht starke Hardstyle und Hypertechno Einfluesse haben. Aber ich finde es spannend, dass du zu Anfang 2 Tracks hier rangezogen hast, die wirklich im Mainstream aber mal so gar keine Bedeutung und Relevanz haben/hatten und dann Titel die in den 90ern/2000ern sogar in den Charts vertreten waren, in eine Niesche schiebst. Aber das mag auch regional unterschiedlich sein. Ich kann kann mich z.b. nur an eine Hochzeit erinnern wo wirklich keine/wenig EDM gespielt wurde, aber da war der Wunsch des Brautpaars explizit, dass sie kein "Techno und Schlager" wollten.
Das ist aus meiner Sicht Ansichtssache. Ich habe an mich persoenlich immer noch den Anspruch dem Publikum auch Titel naeher zu bringen, die sie (noch) nicht kennen. Du hast aber sicher recht, dass das heute nicht mehr zwangslaeufig der Auftrag der DJs ist und dass es auch schwieriger geworden ist, dem Publikum unbekannte Titel naeher zu bringen.
Da stimme ich teilweise zu. Wie schon gesagt, ist es deutlich schwieriger geworden neue Tracks dem Publikum nahe zu bringen, aber dass liegt generell an der aktuellen Kultur. Viele Gaeste (auch im Club) tanzen nur noch zu den Parts des Titels, die sie kennen und moegen und durch Tik Tok kennen viele Leute nur noch 10 sek. Ausschnitte aus dem Track kennen. Wenn man das Publikum aber in einem gewissen Flow hat, funktionieren auch unbekannte Titel zwischendurch, sofern sie in den musikalischen Flow passen.
Natürlich kann ich niemals alle Musikwünsche erfüllen; das ist auch nicht mein Anspruch. Aber selbst im Mainstream-Sektor ist die musikalische Bandbreite doch deutlich höher als von vielen Menschen auf den ersten Blick vermutet.
Da unterschätzen viele Leute einfach die Vielfalt der einzelnen Genres.
Wobei mit dem Fortschreiten der Zeit langsam aber auch die Generation 60-70+ diesen Genres nicht mehr grundsätzlich abgeneigt sind. Lediglich bei der noch älteren Zielgruppe (80-90+) funktionieren diese Titel (noch) gar nicht. Das wird sich aber sicher in den nächsten 10-20 Jahren ändern.
Die anfangs genannten Titel à la "Always Coca Cola" oder "La Pigiatura" SIND reine Mainstream-Titel, die nur viele Mobil-DJ's nicht auf dem Schirm haben, da sie nicht über die offiziellen Vertriebskanäle angeboten werden. Für mich zählen sie in die Kategorie "Alternative Hits". Spielt man etwa eine 80er-Italo-Runde mit Al Bano & Romina Power "Felicita" und Ricchi E Poveri "Sara Perche Ti Amo", kann danach "La Pigiatura" eine bessere Alternative sein als Gianna Nannini "Bello E Impossibile", weil genauso bekannt, läuft aber viel seltener.
Genau so sehe ich das auch.
Unbekanntere Titel können in Einzelfällen bei einem entsprechenden Flow funktionieren. Aber nur in sehr homöopathischem Ausmaß. Das können an einem Abend mal 2-3 Titel sein. Aber wenn das Publikum jedes zweite, dritte Lied nicht kennt, werden die Gäste unzufrieden. Hingegen funktionieren eben diese "alternativen Hits" oft bombig. Wenn es etwa um den 1980er-Pop geht, tauchen immer wieder dieselben Titel wie "It's Raining Men", "Down Under" oder "Moonlight Shadow" auf. Aber Sandra Kim "Hmyne A La Vie" kennt JEDER, aber welcher DJ spielt den mal in einer 80er-Runde?
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Aus diesem Grund scheint mir tatsächlich der Bedarf an Party-DJ's im Moment rückläufig zu sein, zumindest auf der nicht ganz so professionellen Schiene. Ich kann mich da auch nur ins Zeug legen und versuchen, durch Qualität zu punkten.
Es gab so Ende der 1990er sicher mal eine Zeit, als es so genannte "Clubmusik" vermehrt in die Charts geschafft hat. Und wie erwähnt, sind einige Titel davon letztlich als "Klassiker" übrig geblieben, die heute immer noch gespielt werden - eben so Sachen wie "Sonic Empire". Auch die Love-Parade-Titelhymnen kamen damals hoch in die Charts. Titel wie "Sunshine" oder "One World One Future" sind heute immer noch spielbar. Aber in der Rückschau gesehen war das auch nur eine kurze Phase. Die Hymne von "Rave The Planet" 2024 etwa wurde weder von Radiosendern noch den Charts in irgend einer Form beachtet.
Offenbar hatten die DJ-Schulen immer schon ein sehr eingeschränktes Blickfeld. Die mögliche Palette ist ja viel breiter gefächert und reicht von Ballermann-Partyschlagern über Rock'n'Roll-Oldies, Salsa/Merengue/Bachata, Soul bis hin zu Hardrock und Metal.
Das hat doch nichts in einer DJ Schule zu suchen, das ist ein reines Marketing Thema und dazu gibt es Millionen Angebote auf dem Markt. Hast du schon mal gehoert, dass in Musikschulen unterrichtet wird, wie man eine Band oder Orchester findet?
Die Mixtechnik, bzw. ob man von Hand angleicht oder Synct ist dann auch egal - Hauptsache es klingt gut und die Übergänge sind sauber, bzw. stimmig.
Wobei ich auch ein Fan von unterschiedlichen/kreativen Übergängen bin - je nachdem wie es passt oder weil es nur auf die ein- oder andere Art passt.
