Harmonie I. - Töne, die keiner hören will

[Argon]

Hallo!
Was ich hier in der Diskussion von Anfang an vermisst habe: Toleranz und Respekt.

Schon im Titel 'Töne, die keiner hören will'. Lieber Badtrans, es geht Dir ja offensichtlich um Töne, die Du nicht hören willst. Woher willst Du wissen, dass das was Dich nervt keiner hören möchte? Noch dazu, wo es um Charterfolge geht, also Musik die (gepusht zwar) offenbar viele hören wollen.

Du kommst mit dem Argument 'Harmonielehre' und setzt das als ein absolutes, unumstössliches Gesetz, wie man Musik zu machen oder zu hören habe.

Übrig bleiben nur die sog. "Avoid Notes" - Töne, die die Welt in diesem oder jenem Zusammenhang nicht hören will, weil es einfach widerlich klingt

Was klingt 'widerlich' und wer legt das fest? Wenn Du Dich in Sachen Harmonielehre und Musikgeschichte ein wenig auskennst, dann wirst Du zugeben müssen, das genau diese Kategorien allein von der Epoche, in der diese Aussage gemacht wird (wurde) und vom Geschmack des Hörers abhängen.

Abendländische Musikgeschichte und damit auch Harmonielehre findet ja nicht erst seit zehn Jahren statt. Wer sich den Harmoniebegriff in der 'Klassik' z.B. über die letzten 500 Jahre anschaut (auf dem ja auch Deine Ausführungen zur Harmonielehre beruhen), der wird feststellen, dass die Entwicklung dahin ablief, immer mehr Intervalle als 'harmonisch' anzusehen. Immer mehr Skalen wurden verwendet (waren erlaubt) und damit immer mehr Harmonien erschlossen. Jede noch so Durtriefende Schnulze von heute - offensichtlich in Deinen und in den Ohren der meisten Leute höchst harmonisch - wäre vor 500 Jahren als Teufelswerk verbrannt worden. Nur aufgrund der verwendeten Skalen/Harmonien.
Auf die fortschreitende Auflösung dieser Gesetzmässigkeiten bis hin zur 12-Tonmusik im letzten Jahrhundert, wo jedes Intervall gleichberechtigt ist und jede Harmonie 'erlaubt' ist, ist von meinen Vorpostern ja schon hingewiesen worden.

Aber mal ganz davon abgesehen, wer sagt eigentlich

Popmusiker haben ja bekanntlich meist ihre einzige diatonische Skala in nem Stück, dürfen also 12-7= 5 Töne nicht benutzen.

dass ich beim Musikmachen irgendetwas nicht darf? Es ist meine Musik und da mache ich, was ich will. Wenn es jemandem nicht gefällt braucht er es sich ja nicht anzuhören.

...mal abgesehen, dass sich so mancher Technotrack wirklich nur auf einem leicht verwurstelten Akkord aufbaut.

Und, ist das schlimm? Ist das deswegen 'schlechte' Musik? Und ab wievielen Akkorden wird es dann gute Musik und wer legt das fest?

Ich meine die grooves, die einfach hängen bleiben - früher gab es Platten - ich z. T. noch in meiner veralteten Kiste hab, die hat man 1000000x gehört und wusste genau, warum. Heute hört man entweder Grooves, die schonmal irgendwo gepresst waren und leicht transponiert und neu arrangiert übernommen worden sind oder man hört einfach nur Gedüdel, dass einen doch auf Volksverdummung schliessen lässt. Das aktuelle Zeug baut einfach alles auf simplen Melodien auf, die einfach grausam sind. Extrem-LFO-Verstimmte sachen, Subbass drunter, biss Gerassel, ne Näsel-Rhythmuslinie und das war's...
[...] Beispiel: "Roman Flügel - Geht's noch", naja, auch schon wieder nicht merh so neu - da fragt man sich wirklich, geht'S noch. Die Sounds kann ich mir in der Badewanne selbst schrauben.

Früher? Aus welcher Perspektive argumentierst Du eigentlich? Hast Du Dir mal Technogeschichten von 'früher' angehört? Scheiben vom Label 'Acid Orange' aus der Mitte der 90ger, oder Produktionen von Steve Stoll, Adam Beyer und ähnlichen aus dieser Zeit?
Oder gar noch älteres Zeug? Offensichtlich nicht, denn sonst wüsstest Du, dass 'kaputte' Sounds in dem Genre schon immer da waren und oft auch als wichtig und stilbildend angesehen werden. Und was ist Krach oder Disharmonie? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass da Herr Flügel oder aktuelle Techno-/Elektro-/Blabla-Produzenten in der Frage Pioniere sind. Hör Dir doch mal nen Stockhausen aus den 60ger Jahren an!

Ein Musik-Anfänger baut in 8-9/10 versuchen Schrott zusammen.
Ein musikalisch nicht ausbebildeter Technomacher vielleicht in 7-8/10.
Ein ausgebildeter Musiker (songwritingtechnisch oder auch instrumental, per Unterricht oder autodidaktisch) wahrscheinlich auch immer noch in 6/10 Versuchen.

Schrott? Mit welchem Recht bezeichnest Du anderer Leute Musik als 'Schrott'? Woher weisst Du, was die Ziele des Produzenten waren? Ist Punk auch 'Schrott', wenn da heftig verzerrt, schnell und brachial auf drei Akkorden die Wut in die Welt gebrüllt wird?
Zu sagen, was mir gefällt ist toll, alles andere ist Schrott finde ich verdammt arrogant.

Meine Meinung ist auch das es viele Tracks oder Songs (Techno beispielsweise) gibt wo einfach nur sinnloses Bassgeballer läuft.

'sinnloses Bassgeballer' finde ich ebenso arrogant. Wenn Du in der Musik keinen Sinn entdecken kannst, woher willst Du wissen das keiner drinsteckt? Hast Du sie gemacht? Weisst Du, was sich der Produzent beim Machen gedacht hat?


Mensch Leute, ihr macht doch selbst auf die eine oder andere Art Musik. Ist nicht das Machen das wichtigste? Und zudem:

Gerade als DJ sollte man es da doch leicht haben, da man es eher gewohnt ist, sich aktiv um Musik zu bemühen.

Eben. Offen sein für Neues, für Anderes. Tolerant und experimentierfreudig sein, Respekt vor der Leistung anderer haben. Spaß haben.
Das sind für mich Punkte, die mir beim Musikmachen wichtig sind. Wir haben gerade hier in Deutschland diese hirnrissige und unseelige Geschichte, dass das Bildungsbürgertum meint, zwischen U- und E-Musik unterscheiden zu müssen. Zwischen 'wertvoller' und 'Gebrauchsmusik'. Und nun soll das bei den Freunden der 'Gebrauchsmusik' so weitergehen?
Bitte nicht!

Grüße, Georg

 

[Badtrans]

oh, da ist wohl was falsch verstanden worden.

 

[MusicNonStop]

Ich schliesse mich mal kommentarlos Argons Meinung an.