Alt-Bundespräsident Johannes Rau ist tot. Wie sein Büro mitteilte, ist der 75-Jährige am Freitagmorgen um 8.30 Uhr in Kreis seiner Familie in seiner Berliner Wohnung gestorben. Bundespräsident Horst Köhler hat für den 7. Februar 2006 einen Staatsakt angeordnet. Das Präsidialamt wies darauf hin, dass Bürgerinnen und Bürger sich in ein Kondolenzbuch eintragen können. Es liegt im Berliner Schloss Bellevue und in der Bonner Villa Hammerschmidt von Samstag, 28. Januar 2006, bis Montag, 30. Januar 2006, jeweils von 10.00 bis 18.00 Uhr aus.
Lange Krankheitsgeschichte
Rau war seit längerem schwer krank und musste deswegen zuletzt mehrere öffentliche Auftritte absagen. So konnte er auch nicht an einem Empfang teilnehmen, den Bundespräsident Horst Köhler zu Raus 75. Geburtstag am Montag vergangener Woche in Berlin gegeben hatte. Schon im Juli 1992 war ihm wegen eines bösartigen Tumors die linke Niere entfernt worden. Im Juli 2000 musste sich Rau dann einer Operation an der Bauschschlagader unterziehen. Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt am 1. Juli 2004 folgten zwei weitere Operationen, von denen er sich nicht mehr richtig erholte. Rau hinterlässt seine Frau und drei Kinder.
50 Jahre lang politisch aktiv
Rau zählte zu den führenden Politikern in Deutschland. Fast 50 Jahre war er politisch aktiv - davon 20 Jahre als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen. Wie kaum einem anderen Politiker wurde ihm ein ausgleichendes Wesen bescheinigt. Politische Konflikte löste der bibelfeste Sozialdemokrat lieber im Stillen als durch markige Worte in der Öffentlichkeit.
Immer wieder Klippen gemeistert
Dabei verlief der politische Werdegang des Wuppertaler Predigersohnes, der den Beinamen "Bruder Johannes" bekam, durchaus nicht immer friedvoll und geradlinig. So musste Rau bei der Bundestagswahl 1987 eine bittere Niederlage einstecken, als der damalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen als SPD-Kanzlerkandidat klar an Amtsinhaber Helmut Kohl (CDU) scheiterte.
Bundespräsident im zweiten Anlauf
Auch Raus Weg ins höchste Staatsamt erwies sich als steinig: Bei der Präsidentenwahl 1994 unterlag er seinem CDU-Kontrahenten Roman Herzog. Fünf Jahre später, im Mai 1999, erfüllte sich zwar Raus Lebenstraum: Nach Gustav Heinemann, über den Rau 1957 zur SPD gekommen war, wurde der Wuppertaler der zweite Sozialdemokrat an der Spitze des Staates. Im Vorfeld seiner Wahl hatte es jedoch Zwist gegeben. Zunächst gingen die SPD-Frauen auf die Barrikaden. Dann drohten die Grünen, Rau nicht mitzuwählen. Er wurde es aber dennoch und machte seine Sache gut.
Toleranz gegenüber Andersdenkenden
In seinen fünf Jahren als Staatsoberhaupt war die Toleranz gegenüber Ausländern und Andersdenkenden für Rau ein besonderes Anliegen, ebenso das Eintreten für die sozial Schwachen. Gegen Intoleranz, etwa in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten, konnte der gelernte Verlagsbuchhändler als erster Mann im Staate sehr energisch werden.
Hohes Ansehen in Israel
Internationale Achtung verschaffte sich Rau bereits zu Beginn seiner Amtszeit durch einen Besuch in Israel. Als erstes deutsches Staatsoberhaupt sprach Rau im Februar 2000 vor dem israelischen Parlament und bat in deutscher Sprache um Vergebung für die Verbrechen am jüdischen Volk in der NS-Zeit. Eine seiner schwierigsten Aufgaben im höchsten Staatsamt dürfte die Unterzeichnung des umstrittenen Zuwanderungsgesetzes im Juni 2002 gewesen sein. Rau umschiffte diese Klippe, indem er die Entscheidung an die Verfassungsrichter weitergab
