Bei Mainstream-Partys mit gemischtem Publikum: Wie künftig mit Oldies umgehen?

[DJ Nameless]

Hallo!

Ich bin als DJ hauptsächlich auf Mainstream-Partys aktiv, wo für ein weniger musikinteressiertes Publikum aller Altersschichten von alten Klassikern bis hin zu den aktuellen Charts alles das gefragt ist, was der "Durchschnittsmensch" kennt. Je weiter die Zeit voran schreitet, desto mehr neuere Interpreten werden beliebt - in den letzten Jahren z. B. Pink, Adele, Helene Fischer oder Kerstin Ott - die ihrerseits selbst wiederum in 20-30 weiteren Jahren "Oldies"/"Klassiker" sein werden.

Popmusik als Massenkultur-Phänomen gibt es bekanntlich erst ab den 1950er-Jahren. Die wenigen "Klassiker" aus noch älteren Zeiten sind im Original allein schon wegen der Tonqualität i.d.R. nicht spielbar - die meisten dieser Titel sind allerdings irgendwann mal als modernere Cover-Version erschienen.
Aber ich stelle mir im Laufe der letzen Jahre zunehmend die Frage: Wie geht man künftig mit den Oldies aus der Anfangszeit der Popmusik um?
Nur die Generation Ü-70 hat etwa die 50er und 60er noch aktiv miterlebt - und die sind zunehmend seltener überhaupt noch auf Veranstaltungen unterwegs oder verschwinden aus biologischen Gründen.
Schon die Ü-60-jährigen kennen die Hits der Beatles oder Beach Boys nur noch aus der Retrospektive - genauso wie die alten deutschen Schlager von Caterina Valente oder Vico Torriani.
Für die 20-30-jährigen ist hingegen ein "It's My Life" von Dr. Alban schon "alt"; sowas gilt heute längst als "Klassiker", da ja auch schon 30 Jahre alt.

Die Frage ist hier: Wie geht man künftig mit solchen Sachen um? Funktionieren bei 50-jährigen Gästen noch in nennenswertem Maß 70 Jahre alte Titel? Bei den 20-30-Jährigen wird es nämlich schon schwierig.
Letztlich sehe ich hier mehrere Möglichkeiten:
- die alten Sachen bleiben im Repertoire; allerdings wird ihr Anteil am Gesamtprogramm im Laufe der Jahre/Jahrzehnte kleiner zugunsten neuerer Titel (wie erwähnt: in 10-20 Jahren ist auch "Atemlos" ein "Oldie")
- die alten Sachen fliegen ab einem bestimmten Alter radikal raus (nach dem Motto: "Wen interessieren heute noch Simon & Garfunkel?")
- oder man wartet, bis die Musikindustrie einen alten Song covert und der Jugend wieder als "neu" verkauft. Die neue Version ist dann "logischerweise" spielbar (ist ja ein "aktueller" Titel).

Wie ist Eure Meinung zu diesem Thema ???

 

[DJMatzeB-aka-MaBad]

wie soll man damit umgehen ? spielen punkt . ymca kommt genauso gut an wie lets twist again im original ...

 

[DJ Nameless]

wie soll man damit umgehen ? spielen punkt . ymca kommt genauso gut an wie lets twist again im original ...

Ich bekomme in letzter Zeit, insbesondere von jüngerem Publikum, allerdings immer häufiger die Rückmeldung, mehr Aktuelleres zu spielen... aber vielleicht ist das auch individuell veranstaltungsabhängig...

 

[Netwizard]

aber vielleicht ist das auch individuell veranstaltungsabhängig...

So war es schon immer.
Mir ist in letzter Zeit aufgefallen, dass die jungen Leute musikalisch intoleranter sind als der ältere Publikum.
Das liegt mMn daran, dass diese es gewohnt sind stets und sofort immer genau den Titel hören zu können (z. B. über Smartphone) auf den sie grad Bock haben.
Dementsprechend wird es weniger gut gelitten wenn gerade der Titel läuft, den sich Papa auf der Hochzeit gewünscht hatte.
Früher gab es das nicht und man hat zu dem getanzt was gespielt wurde.
Das geht soweit, dass es teilweise als "Unverschämtheit" meinerseits ausgelegt wird, wenn ich einen Wunschtitel in eine Liste ablege und sage, dass der Titel erst später ins Programm passen würde.
Jetzt sofort muss es sein!
Deswegen kommen die jüngeren auch öfter angerannt und sind unzufrieden als die älteren.
Aber zum Glück ist eben jede Veranstaltung verschieden und manchmal spielt man mehr ältere Titel, manchmal mehr jüngere.
Dabei hat man es etwas leichter mit den Re-Releases oder "Updates", weil ja die bekannten Elemente noch von den älteren Gästen erkannt werden.
Eine Zeit lang habe ich beide (oder halt zwei wenn es mehr gibt) Versionen zusammengemixt und z. B. ein "Sample" aus dem neuen Stück länger laufen lassen.
Mittlerweile hören die jüngeren Gäste aber auch da schon zu tanzen auf.
Wie gesagt je jünger, desto weniger darf an den Titeln verändert werden und desto bekannter müssen die Titel sein.
Da die Tracks zumindest in der Radio-Version aber auch immer kürzer werden (auf einer bekannten Samplerreihe z.B. kein Lied mehr 4min+, aber eine ganze Reihe nur noch 2min:X lang),
kommt man so dann doch auf mehr Tracks pro Abend als früher und man muss eine entsprechende Zahl zusammenkriegen.
Natürlich steht es dem DJ frei auch z. B. eine moderere Bassline unter die alten Titel drunter zu legen. Ist halt bei "handgemachter" Musik nicht so einfach wegen der inneren Temposchwankungen.
Bei mir ist es aktuell so, dass ich meine Sammlung nur um die neuen Sachen ergänze und den Bestand weiterhin dabei habe. Warum soll man sich künstlich beschneiden indem man Titel löscht?
Ich hatte auch schon eine Hochzeit die hatte die 20er als Motto und die Hintergrundmusik sollte dem entsprechen. Die Location hat das vom Ambiente hergegeben und alle Gäste sollten entsprechend gekleidet erscheinen.
War echt cool.

 

[k.k.supporter]

Man könnte jetzt natürlich anfangen zu meckern und sagen wie viel besser alles früher war, aber das hilft ja nichts und stimmt auch nicht immer. Wir wollen ja auch keine Vinylcases mehr tragen und das ne MP3 heute einfach für nen Euro downloadbar ist, ist auch super. Früher bist du in den Plattenladen gegangen und hast dir dann die Vinyl für 25€+ bestellt und konntest sie dir 1-2 Wochen später abholen.

Man muss eben immer abwägen wie die Publikumsverteilung ist. Ist die Altersverteilung sehr weit gefächert, dann muss eben auch dein Musikprogramm alles abdecken. Meist sieht man dann aber recht schnell, welche Generation wirklich auf der Tanzfläche ist und an der würde ich auch mein Programm ausrichten. Sind es eher die älteren, die mal ne ordentliche Runde Diskofox tanzen wollen, dann eher Oldies, Schlager, Evergreens, sind es die ganz jungen, dann spiele ich eben "aktuelle" Dance und Pop Sachen aus 2010+, sind es die 25-40 jährigen Frauen, dann evtl. Hip Hop und R&B aus den 2000ern und wenn es eher die Mitgrölfraktion ist, dann Ballermann Schlager oder Rockklassiker. Natürlich immer etwas gemischt, damit alle die Chance haben, aber es bringt ja nichts, wenn zwar 70% der Gäste Ü40 ist und gern die ganzen Klassiker hören möchte, aber nicht 1x auf der Tanzfläche sind, während die Gruppe 15-30 zwar nur 20% ausmachen, aber mit den Hufen scharren, tanzen wollen, aber sicher nicht zu Wolgang Petry oder Abba.
Die niedrige Toleranzgrenze ist schwierig, aber auch hier stelle ich immer wieder fest, dass die sich unbedingt einen Song wünschen, dann kurz lächeln, wenn der dann läuft, ein bisschen mit dem Popo wackeln und dann wieder aufs Smartphone glotzen. Ganz ehrlich, da ist dann nach dem ersten Wunsch auch wieder Schluss.
Ich mach hauptsächlich mobil Events und versuche da immer Musikwünsche einzubauen, sofern sie passen. Wenn dann aber die Leute zu penetrant sind oder gar nicht ablassen, dann sag ich ihnen irgendwann: "o.k., ich spiel den jetzt, dann will ich dich und deine Kumpels aber auch auf der Tanzfläche abgehen sehen". Dann mach ich ne kurze Durchsage: "Hier ist ein spezieller Wunsch von XXX" und dann gehts los. Kannst du eigentlich nur gewinnen, weil entweder das geht jetzt wirklich ab, dann kannst du anknüpfen und die Party läuft und alle sind glücklich. Wenn nur der/die eine tanzen oder nach 2 Liedern die Tanzfläche ziemlich leer ist, wechselst du und kannst dann sagen: "Ich hab es ja versucht, aber du siehst ja, dass das außer dir oder euch 2-3 Leuten keiner wirklich hören will". Und was ganz oft vorkommt ist, dass dann die Person selbst nicht unbedingt auf die Tanzfläche geht und dann hast du nicht nur ihm/ihr, sondern auch allen anderen den Wind aus des Segeln genommen, weil sie wissen, dass sie dann auch auf der Tanzfläche erscheinen müssen. Dann kommen in der Regel nur noch ernstgemeinte Songanfragen.

Bzgl. Oldies ist meine Beobachtung, dass in "ländlichen Gegenden", selbst die 60er/70er noch gut gehen, weil da auf jedem Dorffest noch die alten "Schlagerperlen" rauf und runter gespielt werden. Je städtischer du wirst, desto weniger gefragt sind die alten Sachen. Da sind quasi die 80er schon die neuen Oldies. Generell ist es natürlich so, das mit jedem neuen Jahr der Share der alten Songs kleiner wird, weil du ja auch aktuelle Musik spiele willst. In den 90ern hast du natürlich sehr viel mehr aus den 60-80er gespielt, weil das ja nur 3 Jahrzehnte von Musik abgedeckt hat. Heute teilen sich die hast du nicht nur die 50-80er sondern auch die 90-2010er also die Doppelte Zeitspanne und ein vielfaches an verfügbarer Musik. Somit bleibt ja nur max. die Hälfte an Spielzeit für die alten Tracks und natürlich verteilt man das nicht 50/50. Aber ganz weglassen werde ich sie nicht. Ein Sweet Home Alabama, Country Roads, Respect, Shout, .... wird auch im Orignal noch in 20-30 Jahren gehört werden.